

Der Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion vom 23. August 1939 hat Hitler freie Hand gegeben, den längst geplanten Überfall auf Polen in die Tat umzusetzen. Bereits vor dem Kriegsbeginn am 1. September 1939 waren Bezugscheine eingeführt worden und damit neben Lebensmitteln auch weitere Produkte für den täglichen Bedarf wie Seife, Brennstoffe und Bekleidung rationiert.
Der Stellungsbefehl für 1897 bis 1900 geborene Männer am 26. August hat allen, nicht nur der Freudenstädter Bevölkerung, klar gemacht, dass Krieg droht. Da zunächst nur Polen angegriffen wurde und die Kriegserklärung durch Frankreich und England drei Tage später anfangs folgenlos blieb, glaubten viele an einen regional begrenzten Konflikt. Die Stimmung in der Bevölkerung war weitgehend gleichgültig, von Kriegsbegeisterung wie zu Beginn des Ersten Weltkriegs war nichts zu spüren. Um die Menschen nicht zu beunruhigen, wurde Mitte Oktober sogar die totale Mobilmachung abgebrochen.
Neben den Rationierungsmaßnahmen war vor allem die Verdunkelungspflicht der größte Eingriff in den Alltag. Nicht einmal der kleinste Lichtschein durfte aus den Häusern nach draußen dringen, Verstöße wurden mit harten Strafen geahndet.
Der Bau von Bunkern und privaten Schutzräumen, die flächendeckende Installation von Sirenen zur Warnung vor Luftangriffen machte allen schließlich klar, dass mit einem größeren Krieg zu rechnen war. Eine freie und unabhängige Presse gab es bald nicht mehr, so dass die Bevölkerung Propaganda und Hetze völlig ausgeliefert war. Wer ausländische Radiosender hörte, riskierte schwerste Strafen.
Als am 3. Oktober 1939 in der Zeitung gelesen werden musste, dass der erste aus Freudenstadt stammende Soldat gefallen war, hatte die Kriegswirklichkeit die Stadt endgültig erreicht. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges haben 731 Menschen aus Freudenstadt ihr Leben verloren, obwohl die Stadt mehr als fünf Jahre vom direkten Kriegsgeschehen weitgehend unbehelligt geblieben ist – bis zum verhängnisvollen April 1945.
Harald Schukraft, Historiker
